CED-Patient Lars war dem Tode nahe, er wurde inkontinent, bekam erst einen Pouch, entschied sich dann für ein Stoma – und ist heute glücklich.
Wann hast du die Diagnose Colitis ulcerosa erhalten, und mit welchen Symptomen hattest du zu tun?
Seit dem Jahr 2000 weiß ich, dass ich Colitis ulcerosa habe. Es begann damit, dass ich Durchfälle und Bauchkrämpfe bekam. Sechs Monate lang war ich bei verschiedenen Ärzten in Behandlung, aber keiner hat die Diagnose Colitis ulcerosa gestellt. Erst ein Bericht in einer Berliner Tageszeitung über Chronische Darmentzündungen hat mich auf die richtige Spur gebracht. Bis dahin hatte ich schon 25 Kilo Körpergewicht verloren.
Wann wurde klar, dass du operiert werden musst?
In den ersten acht Jahren nach der Diagnose habe ich Azathioprin eingenommen. In dieser Zeit hatte ich kaum Beschwerden. Doch eines Morgens hatte ich ein komisches Bauchgefühl. Mein Arzt überwies mich ins Krankenhaus. Leider wurde ich dort nicht richtig behandelt. Es ging mir immer schlechter. Meine Ex-Frau bat den Arzt, ein CT zu machen. Er lehnte ab. Erst als wir mit Polizei und Anwalt drohten, bekam ich das CT – und wurde dann gleich mit Blaulicht und Rettungswagen in ein größeres Krankenhaus gefahren. Ergebnis: Toxisches Megakolon.
Was musste bei dir operiert werden?
Mit einer OP war es leider nicht getan. Zuerst wurde mir wegen des Toxischen Megakolons der Dickdarm entfernt und ein Pouch gelegt. Später kamen ein Abszess und eine Fistel hinzu. Mein Körper stieß das Elektrostimulanz-Gerät ab, das den Schließmuskel trainieren sollte. Ich hatte einen Darmverschluss. Und am Ende habe ich den Pouch entfernen und mir stattdessen ein Stoma legen lassen.
Hattest du Ängste wegen der anstehenden OP?
Da ich keine Angst vor dem Tod habe, hatte ich auch nie Angst vor einer anstehenden Operation. Unser Weg hat einen Anfang, eine schöne Zeit sowie ein Ende. Wichtig ist für mich, ein würdevolles und schmerzfreies Ende zu haben.
Warum hast du dich gegen den Pouch und für das Stoma entschieden?
Der Pouch und ich hatten eine relativ gute Zeit. Zweimal hatte ich eine Pouchitis, die aber mit Antibiotika gut und schnell zu behandeln war. Leider bin ich durch das Toxische Megakolon inkontinent geworden, was vor allem nachts ein Problem war. Solange ich Single war, habe ich es ertragen. Mit Freundin dann nicht mehr.
Wie lebst du jetzt mit dem Stoma?
Mit dem Stoma bin ich all die Jahre gut klargekommen. Ich habe etliche Länder bereist: Dubai, Holland, Dänemark. Selbst in Südamerika oder Thailand hatte ich nie Probleme mit meiner Versorgung. Mit Stoma, aber auch mit einem Pouch, kann man sehr viele Sportarten machen; doch schwere Gewichte hebe ich nicht mehr, seit ich das Stoma habe. Manchmal gibt es eine sogenannte Leckage. Das bedeutet, dass sich die Platte löst und Kot austritt. Das ist dann nicht so toll, aber ich rate zur Gelassenheit. Beim Sex kann das auch mal passieren — mit der richtigen Partnerin kein Problem: duschen, weitermachen. Beim ersten Mal mit Stoma stellt man sich natürlich viele Fragen und hat ein unsicheres Gefühl, was ja auch normal ist. Meine Erfahrungen sind aber bis auf zwei Ausnahmen bis heute immer positiv.
Wissen deine Freunde und Bekannten von deiner Erkrankung?
Ich bin vom ersten Tag an offen mit meiner Erkrankung Colitis ulcerosa, Stoma und Pouch umgegangen. Für mich persönlich ergibt es keinen Sinn, sich zu verstecken. Man merkt ja in den ersten ein, zwei Sätzen, ob ein Gespräch weitergeht oder nicht. Als Single musste ich feststellen, dass das Thema Stoma bei manchen Frauen mit Ekel verbunden ist. Dieser Gesichtsausdruck — das hat mich schon sehr verletzt. Ich habe eine Weile gebraucht, damit umzugehen; heute sage ich zu diesen Frauen: Ich wünsche euch eine gute Zeit…
Welche Tipps hast du für Betroffene?
Mein Fazit nach all den Jahren: Ich bin so wie ich bin, ich mag mich so, wie ich bin, und ich finde mein Stoma cool. Was ich euch mitgeben kann: Bleibt so wie ihr seid, schaut, dass es euch gut geht und verabschiedet euch von denen, die euch nicht guttun.
Lars ist Mitbegründer der Selbsthilfegruppe dugehstnichtallein, eine junge Community von Betroffenen, die sich mit viel Herz und Engagement gegenseitig unterstützen. Die Mitglieder setzen sich besonders für Aufklärung und mehr Offenheit im Umgang mit CED ein; dafür ist dugehstnichtallein auch bei Instagram.
